Rechnerei in der Pferdefütterung?

Heuqualität
11.06.2022
Fallbeispiele aus der Praxis
20.01.2023
Heuqualität
11.06.2022
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20.01.2023

Wir berechnen unser Essen doch auch nicht…

Nicht?
Warum eigentlich nicht!

Heute geht es mal etwas persönlicher in meine Gedankenwelt – zur Ernährung ganz allgemein. Da mir dieser Vergleich zur menschlichen Ernährung immer wieder begegnet, möchte ich heute einfach mal alles niederschreiben wie ich zu diesem Thema ganz grundsätzlich stehe.
Das Thema Ernährung ist ein Komplexes und ganz ursprünglich hatte ich mich mit meiner eigenen Ernährung auf vielfältigste Weise beschäftigt. Dazu gehörte auch das Thema Nahrungsergänzungsmittel. Ganz ursprünglich spielte ich sogar mit dem Gedanken den Ernährungsberater zu machen (für Menschen). Mehr zog es mich aber schon immer zu den Pferden. Einen kurzen Umweg machte ich dann noch zur Hundeernährungsberaterin, verwarf das dann aber wieder.

Eine Thematik ist umfangreich genug und so wurden es eben die Pferde auf die ich speziell den Fokus lege mit meiner Ernährungs- und Gesunheitsberatung. Mit dieser Spezies habe ich auch die meiste praktische Erfahrung nachzuweisen, denn bei aller Theorie die man überall lernen kann, spielt auch Erfahrung eine große Rolle.

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Worum gehts nun also bei der ganzen Berechnerei des Futters?

 

Es geht gar nicht nur darum Bedarfszahlen auf Biegen und Brechen immer zu 100% zu decken. 70 oder 80% können ggf auch reichen. 20 oder 30% sind aber in der Tat zu wenig. Es geht darum zu sehen was habe ich in der Ration drin und was eben nicht.

Zahlen machen Dinge Messbar.

Es macht unsichtbares sichtbar.

Daraus ergibt sich ein Überblick, ob etwas grob schief läuft oder okay ist.

Wir sehen das früher oder später zwar auch am Pferd wenn etwas grob falsch war.
Aber warum erst abwarten bis es offensichtlich wird, dass in der Ernährung am Pferd was schief gelaufen ist?

Müssen wir denn so lange warten? Ist es toll erstmal auf Verdacht zu füttern, zu sehen dass mein Pferd plötzlich ordentlich abgenommen hat um dann auf Verdacht die Ration wieder höher zu fahren in der Hoffnung, dass es nun wieder zunehmen wird?

Selbst bei 24 Stunden Heufütterung gibt es Pferde die abnehmen. Was ist der Grund dafür? Zahlen können das sehr oft sichtbar machen, schon bevor das Pferd das Gewicht verloren hat! Oder andersherum: Das Pferd frisst fast das doppelte seines Tagesbedarfes und nimmt trotzdem ab? Da sollten doch alle Alarmglocken schrillen.

Bei der Kalkulation mit Zahlen will ich vor allem wissen wo ich ggf. Überschüsse oder Unterversorgung zu erwarten habe und wo die Ration eventuell zu unausgewogen ist! Denn das ist auch die Entscheidungsgrundlage WELCHES Futtermittel ergänzend grade das Beste für mein Pferd ist. Und das gilt auch bei natürlichen Futterkomponenten. Das gilt sogar bei unterschiedlichen Heusorten die im Einzelnen vielleicht nicht so optimal sind – in Kombination aber zu einer richtig guten Ration werden können.

Und ja, auch als Mensch ist es heutzutage sinnvoll mal zu kalkulieren was man so isst und das zu Tracken. Einfach mal im Selbstversuch zu gucken wieviel von welchem Nährstoff ich überhaupt so esse und ob es Nährstoffe gibt die vielleicht tatsächlich kaum auf unserem Speiseplan vorhanden sind.

Du lebst noch und wirst an einer Unterversorgung gefühlt keine Nachteile haben. Was passiert aber wenn du so einen fehlenden Nährstoff mal gezielt supplementierst?
Hast du das schon mal ausprobiert?
Wenn du das Falsche supplementierst wirst du wenig Effekt spüren. Im blödesten Fall geht es dir damit dann sogar schlechter. So auf Verdacht ist das der häufigste Grund für falsche Schlussfolgerungen!

Wenn dein Körper aber was bekommt was er sonst nie bekommt und das er dringend braucht, könnte es dir plötzlich auch viel besser gehen. Das merkt man nur meist erst, wenn man es mal ausprobiert hat und vor allem wirklich selbst erfahren hat!

Beim Thema Pferdefütterung ist, wie in anderen Bereichen rund ums Pferd, ein regelrechter Glaubenskrieg losgebrochen. Auch in unserer Ernährung gibt es diese Glaubenskriege.

Welche Ernährungsform ist denn nun die Gesündeste?

 

Um die Form geht es im Vordergrund ganz oft doch gar nicht!

Ist es ausgewogen und nährstoffreich – wird es gut tun.

Ist es unausgewogen und nährstoffarm – tut es eben nicht gut.

Da kann die Ernährungsform im wesentlichen aber gar nichts dafür. Ich kann mich in jeder Ernährungsform sowohl gesund als auch ungesund ernähren.

In jedem Fall ist eine Ernährungsumstellung oftmals erstmal gesünder.

Warum?

Weil wir und bei Umstellungen generell mehr damit beschäftigen. Wir kennen uns ja noch nicht gut aus und informieren uns. Wir achten also schon aus diesem Grund bewusster darauf was wir essen. Und wir probieren vielleicht auch viele neue Rezepte etc. wodurch wir automatisch erstmal mehr Vielfalt auf dem Teller haben bevor die alten Gewohnheiten und Gelüste wieder mehr und mehr Überhand nehmen.

Auf jede Weise kann es dann nach den motivierten Anfängen, auch wieder in eine andere Richtung gehen, wenn man nicht dran bleibt. Rein intuitiv essen funktioniert auch bei den meisten Menschen heute nicht mehr! Würde es funktionieren hätten wir wohl nicht so viel Übergewicht und Zivilisationskrankheiten in der Gesellschaft. Das ist ja ein Fakt. Genau wie bei den Pferden.

Tracken hilft dabei sich einen neuen Überblick zu verschaffen. Die Dinge messbar zu machen und Klarheit zu schaffen. Und ist man dann mal geübter klappt es langfristig auch wieder mehr nach Gefühl. Weil man die Klarheit im Hintergrund aber hat.

Wie fühlt es sich an noch Hunger zu haben obwohl man seine Kalorienmenge schon lange überschritten hat? Wie fühlt es sich an, aus welchen Gründen auch immer, ständig überfressen zu sein? Wie fühlt es sich an sich im Essen bereits einzuschränken und auf vieles zu verzichten und trotzdem nicht abzunehmen?

Wie wäre es denn aber sich bewusst über seinen Bedarf zu sein, gesünderen aber trotzdem befriedigenden und leckereren Ersatz für ungesunde Lebensmittel zu finden und die Ration so zu gestalten, dass alles vorhanden ist das dein Körper benötigt.

„Pizza ist eben nicht gleich Pizza“.

Es gibt hier sicherlich gesündere und weniger gesunde Möglichkeiten. Viele sind abgeschreckt ihr Essen zu Tracken.

Sei ehrlich, was war dein erster Gedanke als du diese Aussage gelesen hast?

Wer will schon sehen, dass man sich in Wahrheit 5000 Kalorien am Tag einverleibt und durch Verzicht vielleicht noch immer auf satte 3500 Kalorien kommt. Natürlich wirds mit dem Abnehmen dann nicht klappen. Tracken bedeutet für viele Verzicht. Und dieses Gefühl was wegzunehmen etc. stell ich auch bei Tierbesitzern übertragen aufs Tier fest. Man muss schon auch konkret hinsehen wollen. Und auch beim Menschen ist schon lange bekannt, dass es nicht nur ums Kalorien zählen geht. Das schlechteste was man aber machen kann ist eine Diät mit Nährstoffdefizit… Egal ob Mensch oder Tier.

Klar, wir können Mensch und Pferd natürlich eigentlich gar nicht vergleichen. Unser Verdauungstrakt und der eines Pferdes funktionieren völlig anders! Übertragen kann man dann fürs Verständnis aber doch Parallelen ziehen. Denn auch unsere Pferde leiden heute häufig unter zu viel Zucker bei zu wenig Protein und diversen Spurenelementdefiziten und Ungleichgewichten. Viele dicke Pferde sind heute massiv überversorgt auf einer Seite aber auch gleichzeitig stark mangelernährt. So doof das vielleicht auch klingen mag.

Es sind Dinge die wir unseren Pferden unbewusst antuen wenn wir versuchen das alles auf Verdacht zu machen. Heurationen die einfach reduziert werden, weil das Pferd zu dick ist und abnehmen soll. Übersehen wird dabei aber, ob da nicht immer noch zu viele Kalorien in der Ration sind, das Pferd ggf. gar nicht abnehmen kann. Dabei wird es  nun auch noch Hunger leiden, weil die sättigende Rohfaser durch die Reduzierung hinten und vorne nicht mehr ausreicht. Oder das Pferd sich tagtäglich mit dem doppelten seines Bedarfs an der 24 Stunden Heuraufe überfrisst, weil es einfach zuckersüchtig ist und es natürlich, wenn es das zu zuckerhaltige Heu in Hülle und Fülle zur Verfügung hat, kein Interesse hat sich mit kalorienärmeren gutem Futterstroh zu beschäftigen.

Wenn ich ein Kind zwischen Kuchen, Pizza und Salat oder Knäckebrot selbst entscheiden lasse für was wird es sich wahrscheinlicher entscheiden?

für was entscheidest du dich denn?

 

Ich werde immer wieder dafür kritisiert, warum ich das denn bei den Pferden so genau nehme – wir Menschen machen das doch auch nicht so.
Nicht?
Ich würde es dir aber raten!
Ich kann diese Frage an den Kritiker zurückgeben und fragen.
Warum tust du es nicht?

Es gab schon in den 90er Jahren Untersuchungen, dass unser Obst und Gemüse das auf ausgelaugten Böden und zum Teil nur noch auf Geschmack gezüchtet – maximal einen Bruchteil der Nährstoffe enthält, als es mal enthalten hat. Ein modern gezüchteter zuckersüßer Apfel ohne Geschmack aus dem Supermarkt hat einfach rein gar nichts mehr mit den alten nährstoffreichen Ursorten zu tun. Wer da mal nachrechnet wird schnell feststellen, dass man selbst wenn man bunt und ausgewogen isst mit viel Gemüse und Obst usw. man bei gewissen Nährstoffen einfach immer im Defizit ist. Dass sie ohne Supplementierung eigentlich immer fehlen, weil so viel können wir davon gar nicht essen, selbst wenn wir wollten.

Und wenn ich supplemetiere, ist das natürlich kein Freifahrtschein, dass ich nun einfach jeden Schrott essen kann den ich möchte. Ein möglichst gesunder Lebensstil ist natürlich trotzdem ratsam. Ernährung und vor allem gesunde Ernährung besteht ja zudem nicht NUR aus Nährstoffen und ob sie gedeckt sind oder nicht. Da gibt es ja noch viele andere Effekte und Wirkungen auf dem Körper durch die verschiedenen Nahrungsbestandteile wie Ballaststoffe und neben Nährstoffen auch gewisse Wirkstoffe. Das Bewegungspensum bzw. beim Pferd eben der Haltungsrahmen und das Bewegungspensum gehören ebenso mit dazu. Das ist nicht trennbar.

Die ganze Berechnerei – bzw. die Mathematik hinter dem Ganzen – ist im Grunde nur ein Messinstrument zur sichereren Einschätzung der wirklichen Lage.

Es ist ein Hilfsmittel – nicht der heilige Gral wie viele Kritiker es gerne darstellen möchten um es runter zu machen.

Der Wunsch nach „Intuitiv“ und „Natürlich“ ist unfassbar groß geworden.

Die Realität ist aber, dass ein Großteil der Pferde heute zu beengt bzw. auf zu wenig Platz gehalten wird. Wiesen sind zu klein oder mit zu vielen Pferden besetzt. Bei zu kleinen Weideflächen ist es einfach schnell vorbei mit natürlich und intuitiv.

Was ist heute denn schon noch natürlich?

Auch im Heu ist heute nicht mehr alles ausreichend vorhanden. Dazu kommt, dass gewisse Nährstoffe bei Lagerung verloren gehen und das gilt natürlich auch für Einzelfuttermittel jeglicher Art wenn sie unverarbeitet sind. Verlorene Nährstoffe die bei überweideter Weide dann ja auch nicht aufgefüllt werden können. Oder diese Quelle nicht zur Verfügung steht, bei sehr begrenztem Weidegang zum Beispiel aufgrund gesundheitlicher Gründe. Ein bearbeitetes Futtermittel ist in diesem Fall ja häufig nur ein haltbar gemachtes Futtermittel. Ein Supplement das zielgerichtet nur zur Ergänzung der Nährstofflücken eingesetzt wird, was über die Nahrung nicht mehr ausreichend zu holen ist.

Und es wird ja immer nur genau das supplementiert was wirklich nicht aus natürlicher Quelle zu holen ist. Nicht mehr und nicht weniger.

Denn eigentlich –  benötigt das Pferd lediglich Raufutter!

Welchen Weg du persönlich gehst bzw. welchen Weg du für dein Pferd wählst, ist am Ende allein deine Entscheidung.

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