Wenn Nährstoffe das Pferd vergiften
29.09.2021Ausgewogene Pferdefutterration
23.02.2022Alles steht und fällt mit der individuellen Sättigung und der Energiezufuhr
Heute möchte ich auf zwei Fragen eingehen, die mir immer wieder gestellt werden und die uns Pferdebesitzer alle in irgendeiner Form beschäftigen.
Übergewicht und Untergewicht.
Die Übergewichtsfrage wurde mir in Bezug auf das Shetlandpony gestellt, ist aber bei jedem anderen übergewichtigen Pferd das gleiche Thema. Und dann die Untergewichtsfrage – denn kaum geht es in die Winterzeit gibt es Pferde die rasend schnell Abbauen und an die nichts mehr hinzubekommen ist.
Zwei gegensätzliche Themen?
Nein, häufig hängen sie sogar eng zusammen.
Um beides zu verstehen, benötigst du etwas Grundlagenwissen über die Sättigung eines Pferdes und den individuellen Bedarf allgemein.
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Heu fürs Pferd rationieren? Wieviel braucht es und wie kann es dennoch abnehmen?
Jedes Pferd egal ob klein oder groß, ob dick oder dünn hat einen individuellen täglichen Bedarf an Energie und Nährstoffen. Bekommt das Pferd zu viel Energie über seinen Bedarf wird es zunehmen bzw. nicht abnehmen können. Bekommt es zu wenig, wird es Abnehmen. Ohne Energiedefizit ist Abnehmen nicht möglich. Die Frage ist aber auch immer, wie viel über den Bedarf hinaus frisst das Pferd eigentlich, dass es überhaupt übergewichtig geworden ist?
Frisst das Pferd z.B. regelmäßig 40% über den Energiebedarf hinaus und wir reduzieren die Energie auf nur noch 20% Energieüberschuss wird sich das Gewicht auch schonmal in die richtige Richtung bewegen. Wichtig beim Abnehmen der Pferde ist, dass es langsam geschieht!
Wir können uns aber nun nicht einfach nur auf den Energiebedarf fokussieren, denn neben der Energie benötigt das Pferd auch eine gewisse Menge an Rohfaser, um satt zu sein.
Denn ist der Energiebedarf gedeckt, bedeutet das noch lange nicht satt!
Das ist vergleichbar damit, wenn du den ganzen Tag nur Schokolade essen würdest. Deine Tageskalorien hast du damit deutlich schneller erreicht als mit Salat. Von der Schokolade wirst du aber nicht wirklich satt werden, vom Salat schon und das sogar, wenn du deine Kalorien nicht erreichst. (Kaloriendefizit).
Zurück zum Pferd
Jedes Pferd benötigt genügend Rohfaser um gesättigt zu sein.
Ein zierlicher, schmaler Pferdetyp benötigt – im Verhältnis – unter Umständen weniger Rohfaser als ein sehr breiter, stämmiger Typ um satt und zufrieden zu sein. So kann es sogar innerhalb einer Rasse sehr große Unterschiede in den Grundfutterbedürfnissen geben. Denn es gibt innerhalb mancher Rassen ja auch sehr zierliche oder eher stämmige Vertreter.
Grundsätzlich gilt aber immer: dem Pferd genügend sättigende Rohfaser anzubieten, ohne dabei den Energiebedarf zu überschreiten. Leider ist das eins der größten Probleme in der Pferdehaltung, dass wir haben. Unsere Grundfutter (Heu, Heulage, Gras) haben sehr häufig zu viel Zucker, ungünstig viel Energie und im blödsten Fall gleichzeitig auch noch relativ wenig sättigende Rohfaser. Mit der Art des Grundfutters und vor allem seinen Inhaltsstoffen steht und fällt also das Gewicht und die Zufriedenheit des Pferdes.
Wir können nicht einfach nur Energie reduzieren, indem wir Heu wegrationieren, wenn dann viel zu wenig Rohfaser in der Ration ist und das Pferd hungern wird. Wir können bei sehr rohfaserreichem Heu aber ggf. sogar sehr gut rationieren, weil es das Pferd sehr gut sättigt und so eine kleine Rationierung der Ration, um ein kleines Energiedefizit zur Abnahme zu erreichen, tatsächlich kein Problem ist. Auch nicht für das Pferd. Es wird sogar mit Pausen dann klarkommen. Zwischen Hungern und pappsatt gibt es ja auch noch einen grünen Bereich, der sich einfach nur satt nennt.
Alles steht und fällt also mit der Sättigung!
Haben wir zu wenig Sättigung in einer Ration, nützen uns auch allerlei Methoden zur Fressregulierung häufig nicht. Denn durch ein Heunetz oder ähnliche Methoden strecken wir meistens zwar die Dauer des Fressens, satter wird das Pferd davon aber nicht, weil am Ende in der Ration eben trotzdem nur eine gewisse Menge Rohfaser enthalten ist. Für das eine Pferd kann es ausreichend sein – es wird zufrieden sein, für ein anderes Pferd kann dies viel zu wenig sein – es wird Hunger haben und gestresst sein. Diese Informationen können wir aus einer Heuanalyse erhalten. Und diese Klarheit ist nötig um wirklich zielführend arbeiten zu können und wirklich auf die Bedürfnisse des Pferdes eingehen zu können.
Haben wir z.B. schlecht sättigendes Heu für 24 Stunden zur Verfügung, wird das Pferd auch mit Netz am Ende einfach zu viel über den Energiebedarf hinaus, vom Futter aufnehmen. Denn es frisst – bis es eben satt ist. Und haben wir es mit einem „Nimmersatt“ zu tun, dann liegt es häufig wirklich daran, dass das Futterangebot echt ungünstig ist und dieses Pferd wirklich Hunger hat!
Wissen wir also über die Inhalststoffe Energie, Zucker und Rohfaser unseres Futters Bescheid, kann man daraus die bestmögliche Fütterung fürs Pferd ableiten. Sehen wie man vielleicht nicht so geeignetes Heu optimieren und kompensieren kann.
Die Frage:
„wie sollte man das Pferd füttern, damit es satt und zufrieden ist und dabei trotzdem abnimmt“,
ist also nicht einfach zu beantworten.
Das kann je nach Inhaltsstoffen im Heu und dem Pferdetyp ganz unterschiedlich sein. Vor allem müssen wir aber wissen was wir da eigentlich füttern. Um eine Heuanalyse kommt man da nicht herum. Diese verrät uns wieviel Energie und Zucker im Heu steckt und wie sättigend das Heu dabei ist. Mit unseren Wetterschwankungen der letzten Jahre können diese Werte nämlich von Jahr zu Jahr auch massiv schwanken und dann kann das Fütterungsmanagement, dass in einem Jahr gut funktioniert hat, im nächsten Jahr plötzlich völlig in die Falsche Richtung gehen.
Und damit kommen wir auch gleich zum Gegenteiligen Thema – dem Gewichtsverlust!
Denn dieses Problem basiert letztendlich auf derselben Wissensgrundlage über Sättigung und Energie.
Das Pferd baut plötzlich ab – woran liegt es?
Ich erwähnte schon, dass zierlichere Typen in der Regel früher gesättigt sind als breite/stämmige Typen.
Du kennst sicher auch die Unterteilung der Pferde in leichtfuttrig und schwerfuttrig.
Häufig ist es so, dass es eher die zierlichen Pferdetypen sind, die als schwerfuttriger gelten, während die breiteren/stämmigen Pferderassen eher die leichtfuttrigen Pferde sind, die gefühlt vom Ansehen des Futters schon zu dick werden.
Widmen wir uns nun also den schwerfuttrigen Pferden, die besonders im Winter sobald es ein bisschen kälter wird, sofort an Gewicht verlieren und man es kaum mehr dran bekommt.
Auch hier ist es wichtig zu wissen, was überhaupt der individuelle Energiebedarf des Pferdes ist und ob dieser Energiebedarf über das Futter, das wir füttern überhaupt gedeckt werden kann. Denn nimmt das Pferd ab (außer vielleicht es ist krank) ist von einem Energiedefizit auszugehen.
Denn bei schwerfuttrigen Pferden passiert häufig genau das Gegenteil zum vorher geschilderten Problem.
Das Pferd ist schon satt, will oder kann gar nicht noch mehr Heu fressen, hat seinen Energiebedarf aber noch nicht gedeckt. Kommt nun noch nasses, kaltes Wetter dazu erzeugt dies tendenziell noch eine zusätzliche Mehrbedarfssituation an Energie – das Energiedefizit wird also schnell noch größer.
Fehlt dem Körper Energie, holt er sich diese als Kompensation aus der Muskulatur. Das Pferd fällt regelrecht in sich zusammen. Und das unter Umständen sogar sehr schnell!
Was also tun?
Einfach mehr Kraftfutter füttern?
Das Problem:
Auch Kraftfutter – vor allem in größeren Mengen – bringt eine gewisse Menge an sättigender Rohfaser mit. Füttern wir solchen Pferden also größere Mengen Kraftfutter bringen wir zwar je nach Futterart eine größere Energiemenge auf weniger Sättigung ins Pferd, trotzdem haben wir Rohfaseranteile mit in der Ration.
Im dümmsten Fall passiert es nun, dass das Pferd in der Folge nun eher noch weniger Heu fressen wird und damit das Mehr an Energie durchs Kraftfutter, dann durch noch weniger Heuaufnahme praktisch wieder aufgehoben wird. Am Ende haben wir rein gar nichts gewonnen. Die Ration verschiebt sich nur in eine ungünstigere und ungesündere Richtung. Denn viel Kraftfutter ist immer zu vermeiden.
Am Ende baut das Pferd also immer noch ab, weil immer noch ein Energiedefizit herrschen könnte. Oder durch zu viel Kraftfutter nun an anderen Stellen Nährstoffüberversorgungen drohen, die nun noch Leber und Nieren belasten und dem Pferd zusätzlich das Leben schwer machen. Auch hier kommen wir also um eine Rationsbilanzierung nicht herum. Und auch hier kann eine Heuanalyse so einiges an Klarheit bringen, wie wir unser Pferd füttern sollten. Für so ein schwerfuttriges Pferd, kann ein Heu, das im ersten Beispiel eher als negativ dargestellt wurde sogar grade das Richtigere sein! Hier darf – nein es MUSS unter Umständen sogar – etwas mehr Zucker, Energie bei weniger Rohfaser sein.
Egal ob wir es also mit einem übergewichtigen oder untergewichtigen Pferd zu tun haben
Die Versorgung kann nur über geeignetes Raufutter sichergestellt werden.
Raufutter bedeutet aber nicht nur Heu. Zu Raufutter zählen auch Stroh, Äste, Gras, Heulage. Jedes Futtermittel hat mehr oder weniger Rohfaser. Wichtig ist am Ende, dass das Pferd seinen Bedarf an Rohfaser und sein natürliches Kaubedürfnis als Dauerfresser möglichst gut deckt und dabei aber nicht völlig über den Energiebedarf hinausfrisst oder zu früh satt ist, bevor es genügend Energie gefressen hat.
Das ist die Kunst.
Lerne selbst deine Rationen zu berechnen: