Ist eine Futterberatung ohne Heuanalyse sinnvoll?
10.06.2024
Ist eine Futterberatung ohne Heuanalyse sinnvoll?
10.06.2024

Ein neuer Trend kritisch betrachtet

 

Ein Trend der auf der Annahme basiert, dass kolloidale Formen von Mineralien und Nährstoffen eine höhere Bioverfügbarkeit und bessere Absorption bieten könnten.

Kolloidale Nährstoffe bestehen aus winzigen Partikeln von Mineralien, die in einer flüssigen Form vorliegen. Sie werden oft als alternative Methode zur Nährstoffversorgung angepriesen.

 

Die Idee dahinter: Diese Partikel sollen aufgrund ihrer geringen Größe besonders gut vom Körper aufgenommen werden können, weil sie leichter in die Zellen gelangen sollen und somit effizienter vom Körper aufgenommen werden könnten. Die Theorie dahinter ist angelehnt an die Tatsache, dass Blut und Lymphe im Körper am Ende auch Kolloide Eigenschaften aufweisen. Es heißt, dass kolloidale Mineralien gegenüber herkömmlichen Mineralfuttern optimaler für die Zelle verwertbar seien und den Stoffwechsel nicht belasten würden. Dies ist allerdings zum derzeitigen Zeitpunkt noch umstritten und nicht umfassend durch wissenschaftliche Daten belegt.

 

 

Angebliche Vorteile kolloidaler Nährstoffe

 

1. Hohe Bioverfügbarkeit: Es wird behauptet, dass die winzigen Partikel einfacher und schneller vom Körper aufgenommen werden können, ohne dabei den Stoffwechsel zu belasten.

 

2. Umgehung des Verdauungstrakts: Da die Partikel so klein sind, könnten sie die Absorptionsbarrieren im Magen-Darm-Trakt leichter überwinden.

 

 

Mein persönlicher kritischer Gedanke dazu:

Wieso sollte das füttern/fressen von Nährstoffen einen Körper belasten, insofern ausgewogen, die täglich benötigten Nährstoffe gezielt zugeführt werden?

Ein Stoffwechsel ist doch nur der Wechsel von Stoffen (Nährstoffen). Wenn ich keine Nährstoffe rein gebe, kann auch nichts wechseln! Ein Körper benötigt aber Nährstoffe um zu Leben! Nicht zu wenig, nicht zu viel. Sondern bedarfsgerecht und ausgewogen!

Nährstoffe sind für die Stoffwechsel essentiell und sind normalerweise keine „Belastung“ im negativen Sinn. (Mal abgesehen davon, dass es im Körper mehr als einen Stoffwechsel gibt.) Die Art und Weise wie wir die Nährstoffe zuführen kann aber natürlich negativ sein, wenn falsch dosiert wird. Eine ausgewogene, bedarfsgerechte Nährstoffversorgung ist entscheidend, um die Stoffwechsel optimal zu unterstützen und unnötige Belastungen zu vermeiden.

Die Aussage: „das Pferd hat ein Stoffwechselproblem“ ist genauso unkonkret und unprofessionell, wie die Aussage „das Pferd hat ein gesundheitliches Problem“. Es ist eine leere Worthülse. Gerne folgt dann direkt auf diese nichtige Aussage eine Empfehlung von „Problemlöser XY“ dass dir dann überteuert angedreht wird. Wenn dir also das nächste Mal jemand sagt, dein Pferd hat ein Stoffwechselproblem, sollte dir derjenige auch sagen können, in welchem Stoffwechsel das Problem eigentlich genau sein soll und welches Problem eigentlich genau vorliegt. Ein bisschen konkreter muss es nämlich schon sein, um gezielt darauf einwirken zu können. Wie will ich ein vorliegendes Problem lösen, wenn die genaue Ursache überhaupt nicht definiert ist?

Bei der Fütterung spielt am Ende die Qualität, die bedarfsgerechte Menge und die Wahl der zur Situation passenden Futtermittel eine Rolle. Eine Ration sollte so angepasst und gestaltet sein, dass sie für das sie in deiner Haltungsform für dein Pferd bedarfsgerecht und so ausgewogen wie möglich ist.

 

 

 

Kritische Betrachtung kolloidaler Nährstoffe

 

1. Wissenschaftliche Evidenz: Es gibt nur begrenzte wissenschaftliche Studien, die belegen, dass kolloidale Nährstoffe besser sind als zugelassene Futterergänzer. Viele der Behauptungen basieren lediglich auf theoretischen Annahmen oder sind nur anekdotisch. Das ist nicht die Basis, auf der ich persönlich arbeite und die ich meinen Kunden keinesfalls empfehle kann.

 

2. Regulierungen und Sicherheit: Kolloidale Produkte sind oft nicht so streng reguliert wie Futtermittel. Diese Produkte befinden sich oft in einer rechtlichen Grauzone was ihre Vermarktung und Anwendung als Nahrungsergänzungsmittel betrifft. Viele Hersteller umgehen gewisse Einschränkungen, indem sie kolloidale Produkte als Kosmetika oder für den äußerlichen Gebrauch deklarieren. Die tatsächliche Verwendung liegt dann in der Verantwortung des Anwenders. Qualität, Reinheit und Sicherheit können variieren. Wissenschaftlich ist die innere Anwendung umstritten, worauf die Hersteller, die diese Produkte verkaufen sogar in der Regel selbst hinweisen, um sich rechtlich abzusichern. Das birgt aber Risiken für die Gesundheit des Pferdes.

Ohne verlässliche Daten über die optimale Dosierung und mögliche Nebenwirkungen besteht die Gefahr unerwünschter Effekte, die zum derzeitigen Zeitpunkt noch überhaupt nicht absehbar sind. Die meisten kolloidalen Nährstoffe sind nicht ausreichend durch wissenschaftliche Studien abgesichert. Wenn ein Pferdebesitzer diese Produkte verwendet, ohne dass deren Wirksamkeit und Sicherheit klar belegt sind, handelt es sich unter Umständen um ein Experimentieren am Tier. Das ist tierschutzgesetzlich verboten und man bewegt sich auch als Pferdehalter bei solchen Taten auf rechtlich dünnem Eis.

Kolloide wie auch das schon länger bekannte kolloidale Silber wird deshalb häufig als Kosmetik zur äußerlichen Anwendung legal verkauft. Nur weil etwas also durch rechtliche Schlupflöcher legal verkauft wird – ist es nicht automatisch in Ordnung oder gar verboten wie es dann angewendet oder genutzt wird. Es gibt also von so unerforschten Dingen häufig Lücken es legal zu verkaufen und trotzdem ist es rechtlich nicht in Ordnung eine anderweitige Nutzung zu empfehlen oder als Pferdehalter anzuwenden. Als Therapeut oder Tierbesitzer sollte man sehr vorsichtig sein, kolloidale Produkte zur innerlichen Anwendung oder Fütterung zu verwenden.

 

3. Dosis und Wirkung: Es ist unklar, ob die Menge, der in kolloidaler Form zugeführten Nährstoffe ausreicht, um einen Mangel auszugleichen. Zudem gibt es keine etablierten Richtlinien für die Dosierung. Es heißt auch häufig es sei nebenwirkungsfrei. Immer wenn etwas nebenwirkungsfrei ist, darf man und sollte man aber auch die Wirkung in Frage stellen!

 

4. Verantwortung Als Pferdebesitzer hast du die Verantwortung gegenüber deinen Pferden. Du solltest sicherstellen, dass alle angewandten Behandlungsmethoden sicher und wirksam sind. Die Anwendung unzureichend getesteter Produkte könnte als Vernachlässigung dieser Verantwortung gesehen werden.

 

5. Kosten: Kolloidale Nährstoffe sind oft viel teurer als Zusatzfuttermittel, ohne dass es klare Beweise für eine Wirkung gibt.

 

Bevorzugte Empfehlung – richtig füttern reicht!

 

Bei wirklichen Nährstoffmängeln ist es wichtig, auf wissenschaftlich fundierte Vorgehen zu setzen. Richtig füttern reicht in den meisten Fällen. Selbst wenn bereits ein Mangel entstanden ist, kann es sich durch auf den Bedarf angepasste Fütterung wieder regulieren und einpendeln.

In der Ernährungswissenschaft und Tiermedizin gibt es etablierte und wissenschaftlich abgesicherte Methoden zur Vermeidung und Behandlung von Nährstoffmängeln. Diese sollten bevorzugt verwendet werden! Das Experimentieren mit neuen, unbewiesenen Methoden ist nie zu empfehlen.

 

1. Gezielte Nährstoffergänzung: Verwende nur Futterergänzungen, die für Pferde auch zugelassen sind! Das Futtermittelrecht für Pferde existiert, um Sicherheit und Qualität von Futtermitteln zu gewährleisten. Im Futtermittelrecht ist die Zusammensetzung, Kennzeichnung und der Handel von Futtermitteln geregelt. Dies stellt sicher, dass die ernährungsphysiologischen Bedürfnisse vom Pferd berücksichtigt werden und keine gesundheitsschädlichen Stoffe enthalten sind.

 

2. Futterzusammenstellung: Eine ausgewogene und durchdachte Fütterung ist immer die beste Quelle für Nährstoffe. Eine Rationsbilanz kann also helfen eine auf den Bedarf des Pferdes angepasste Ration zu erstellen. Das ist die beste Gesundheitsprophylaxe.

 

3. Regelmäßiges Überprüfen der Ration: Bevor du etwas Neues zufüttern möchtest, überprüfe ob die Nährstoffe in deiner aktuellen Fütterung nicht sowieso schon gedeckt sind und ob ein weiteres Futtermittel wirklich passend ist. Fütterung ist ein Prozess der sich verändern kann und auf den flexibel reagiert werden sollte.

 

Kolloidale Nährstoffe mögen auf den ersten Blick also eine Alternative zu herkömmlichen Futterzusätzen sein. Doch aufgrund der begrenzten wissenschaftlichen Evidenz und möglicher Sicherheitsbedenken sollten sie nicht unkritisch, als Ersatz verwendet werden!

Ich empfehle es zum derzeitigen Zeitpunkt definitiv nicht.

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